Montag, 10. September 2007

Relaxt

Großer Sprung in eine neue Klasse
Ball- und treffsicher wie nie: Der Vizemeister untermauert seine Ambitionen.

Von Achim Leoni, Rainer Grünberg

Hamburg -

Als sich Johannes Bitter am Sonnabend auf den langen Weg machte von der Umkleidekabine zum roten Teppich, über den die HSV-Handballer bei ihren Heimspielen einzulaufen pflegen, war ihm doch etwas mulmig zumute. Der Nationaltorhüter kennt den Gang durch die Katakomben von vielen Auftritten mit dem SC Magdeburg in der Color-Line-Arena, was stets "beeindruckend" gewesen sei. Und nun sollten im Innenraum 6000 Fans plötzlich für seine Mannschaft trommeln? "Das war ein komisches Gefühl, so richtig habe ich das noch nicht realisiert", erzählte Bitter knapp zwei Stunden später, mittlerweile ganz entspannt nach einem Bundesligaspiel, "an dem es nicht viel zu kritisieren" gab. 42:27 (22:16) hatte der Europacupsieger aus Hamburg den TV Großwallstadt besiegt. Es war eine Heimpremiere, die eine glanzvolle Spielzeit 2007/08 erwarten lässt.

"Auf diese Leistung können wir stolz sein", meinte Trainer Martin Schwalb. Seinem Ideal vom modernen Tempohandball war seine Mannschaft nie so nahe wie am Sonnabend. Derart schnell und sicher hat man den Ball zuvor noch nicht durch die HSV-Reihen rotieren sehen. 14 der HSV-Tore, mithin jeder dritte Treffer, resultierten aus Gegenstößen oder schnellen Mitten. Präsident Andreas Rudolph, nach eigenem Bekunden erstmals vor einem Spiel seiner Mannschaft nicht aufgeregt, sprach hinterher von der "besten Angriffsleistung unserer bisherigen Geschichte".

Unerreicht ist in der Tat die Erfolgsquote. 88 Prozent der Hamburger Würfe fanden den Weg in Großwallstadts Tor - in dem freilich Marcus Rominger und Chrischa Hannawald mit je einer Parade Leistungen zeigten, für die selbst das Prädikat unterirdisch noch gelobhudelt wäre. Doch das Torhüter war es nicht, womit Michael Roth, der Trainer des Exmeisters, nach dem Spiel haderte. Wie schon eine Woche zuvor bei der 26:40-Heimniederlage gegen Kiel sei seine Mannschaft "phasenweise überfordert" gewesen: "Der HSV und der THW heben sich qualitativ deutlich vom Rest der Liga ab."

Den Quervergleichen mit dem Champions-League-Sieger aus Kiel kann sich der HSV wohl oder übel nicht entziehen. Dass man die Großwallstädter um ein Tor mehr distanzieren konnte? "Natürlich habe ich daran gedacht", gab Bitter zu, "aber wir haben zu Hause gespielt." Immerhin: In der vergangenen Saison hatte die Hamburger nur das Torverhältnis die Meisterschaft gekostet. "Umso wichtiger ist, dass wir bis zum Schluss konsequent unsere Chancen genutzt haben."

Der Blackout, der den HSV beim 39:29-Auftaktsieg bei Melsungen befallen hatte, blieb aus. Selbst als Schwalb einigen Stars mit Rücksicht aufs morgige Spiel in Magdeburg Schonung gewährte, war kein Spannungsabfall zu verzeichnen, was der Trainer mit Genugtuung zur Kenntnis nahm: "Bei unserem Programm ist es wichtig, dass alle im Fluss sind."

Einzig einige Abläufe in der Abwehr hätten noch gestockt, weshalb Bitters Heimdebüt auch nicht ganz wunschgemäß verlief. Sechs von 22 Großwallstädter Würfen konnte der Weltmeister parieren (27 Prozent), ehe er in der zweiten Halbzeit für Per Sandström (neun von 20 = 45 Prozent) Platz machte. "Pelle war klar besser", erkannte Bitter später an - neidlos, wie er betonte: "Ich bin der Erste, der applaudiert, wenn er einen Ball hält."

Der "gute Teamgeist des HSV" war auch Roth aufgefallen. Seine Mannschaft ist fürs Erste aus dem Gröbsten heraus: "Wir sind heilfroh, dass wir bis Dezember Ruhe vor Kiel und Hamburg haben."
Großer Sprung in eine neue Klasse

Technorati Tags: , ,

Keine Kommentare: