Montag, 3. September 2007

Gewöhnungssache

Handball Saisonstart mit klarem Sieg bei Melsungen
Zehn Tore Vorsprung für HSV
Trainer Schwalb: Der Qualitätszuwachs ist sichtbar.

Von Achim Leoni

„Rotenburg a. d. Fulda -

Eine Sache war da noch zu klären nach dem Spiel. Sie ließ Stefan Schröder keine Ruhe, und deswegen hastete der Handballweltmeister nach dem Duschen, nur ein Handtuch um die Hüfte geschwungen, aus der Mannschaftskabine des HSV in der Rotenburger Meirotels-Halle. "Wie hat Hansa Rostock gespielt?" Bei der Kunde vom 0:1 gegen Dortmund machte Schröder kurz ein schmerzverzerrtes Gesicht. Dann ging er sich anziehen.

Einer Handballmannschaft, die unmittelbar nach dem ersten Saisonspiel keine anderen Sorgen hat als die Ergebnisse der Fußball-Bundesliga, geht es entweder sehr gut - oder ihr ist nicht mehr zu helfen. Auf den Europacupsieger aus Hamburg traf am Sonnabend das Erste zu. Nach dem 39:29 (20:10) bei der MT Melsungen werden sich all jene bestätigt fühlen, die dem Vizemeister einen ganz großen Wurf zutrauen. "Sensationell gut gelaufen" sei der Saisonauftakt, urteilte HSV-Geschäftsführer Peter Krebs. Selbst Trainer Martin Schwalb, sonst kein Freund allzu forscher Töne, attestierte seiner Mannschaft "sichtbaren Qualitätszuwachs".

Natürlich haben die neuen Spieler dazu beigetragen. Dimitri Torgowanow hielt die Abwehr zusammen, Nationaltorwart Johannes Bitter 13 Melsunger Würfe fest (45 Prozent). Hans Lindberg, der in der zweiten Halbzeit eingewechselt wurde, stand dem groß aufspielenden Schröder (sechs Würfe, sechs Tore) nur wenig nach. Und Michal Jurecki konnte sich zumindest in der Defensive einige Male in Szene setzen. So weit, so gut.

Nein, der Qualitätszuwachs drückt sich weniger in Namen als vielmehr in Zahlen aus. Zehn Tore Vorsprung zur Halbzeit, das schien bisher allein Spezialität des THW Kiel zu sein. Der gewann in der vergangenen Spielzeit zwar nicht öfter als der HSV, dafür aber meist viel deutlicher - und am Ende die Meisterschaft aufgrund der Tordifferenz. Wenn es denn etwas zu bemängeln gab am HSV, dann war es dieses: dass seine Erfolge oft Kraftakte waren und keine spielerisch leichten Galas, Kampf und nicht Kunst.

Und so war der Sieg am Sonnabend, wie Bitter es ausdrückte, "ein kleines Ausrufezeichen". Es hätte sogar ein großes werden können. Nach acht Minuten der zweiten Halbzeit betrug die Führung des HSV 13 Tore (27:14), ehe den sportlichen Leiter Christian Fitzek ein Gefühl beschlich, "als hätte jemand bei uns den Stecker gezogen". Tor um Tor kämpften sich die zuvor desolaten Nordhessen heran. Unversehens stand es zehn Minuten vor dem Ende nur noch 26:30, und die gut 2000 Zuschauer scherten sich mit einem Mal nicht mehr um die Hinweisschilder rund um die Halle nehmen, die mit Rücksicht auf die Luftkurgäste um Ruhe baten.

Die war nach einer Serie von fünf HSV-Toren zwar rasch wiederhergestellt, aber Trainer Schwalb fand sie nun nicht mehr. "So was darf uns nicht passieren." Wenn seine Profis eine Auszeit bräuchten, würde er sie ihnen schon gewähren - auf der Bank, nicht auf dem Feld.

Für dieses Mal kostete der kollektive Schwächeanfall den HSV keine Punkte, sondern nur ein Ergebnis, "das für Aufsehen gesorgt hätte", wie Fitzek meinte. Den Kielern war das zwei Stunden zuvor gelungen, wieder einmal: Mit 40:26 überrollte der Rekordmeister den TV Großwallstadt in dessen eigener Halle. "An solche Ergebnisse der Kieler wird man sich wohl gewöhnen müssen", glaubt Krebs. An solche Ergebnisse der Hamburger womöglich auch.
Zehn Tore Vorsprung für HSV
An solche Auswärtsergebnisse gewöhnen wir uns gerne, am besten schon nächsten Dienstag in Magdeburg.


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