Dienstag, 7. August 2007

Gute Besserung

Aus den Augen, aus dem System
Von Achim Leoni
HAMBURG -Die gute Nachricht ist diese: Jürgen Müller ist auf dem Weg der Besserung. Nur 20 Minuten hatte der Nachwuchshandballer am Wochenende bei der Scandinavian Open für Junioren in Dänemark im Tor der deutschen Nationalmannschaft gestanden, dann zwang ihn eine Erkältung zur Aufgabe.Für Auswahltrainer Martin Heuberger eine missliche Situation. Gern hätte er seiner Nummer eins bei dem Vorbereitungsturnier zur Juniorenweltmeisterschaft in Mazedonien (13. bis 26. August) mehr Spielanteile gegeben. "Denn was ihm vor allem fehlt, ist die Praxis.
"Wie dem 20 Jahre alten Neuzugang des HSV Hamburg geht es einigen in Heubergers Europameistermannschaft. Zwölf Spieler aus dem 16er-Kader stehen bei Erstligaklubs unter Vertrag. Und dort womöglich bald im Abseits - weil sie die wichtigste Phase der Vorbereitung auf die Bundesliga versäumen.
"Diesen Jungs wird ein Jahr ihrer Karriere gestohlen", zürnt HSV-Trainer Martin Schwalb. Kämen die Nachwuchsleute von der WM zurück, sei die Saison bereits in vollem Gange und die Taktik einstudiert. "Da sagt man als Trainer natürlich: Setz dich erst mal auf die Bank, und lerne die Spielzüge." Motto: Aus den Augen, aus dem System.
Müller, das ist die schlechte Nachricht, spielt in der Saisonplanung seines Vereinscoachs derzeit nur eine Nebenrolle. Dabei hatte der Franke, zur neuen Saison von Balingen-Weilstetten zum HSV gewechselt, durchaus Eindruck hinterlassen. "Er hat auf alle Fälle das Zeug, in der Bundesliga zu spielen", sagt Heuberger. Nur wird Müller in Hamburg vorerst wohl wenig Gelegenheit dazu bekommen.
Schwalb kann es sich leisten: Mit Weltmeister Johannes Bitter und dem Schweden Per Sandström kann er zwischen zwei Spitzentorhütern wählen. Manch kleinerer Verein ist auf seine Juniorennationalspieler dagegen angewiesen. Michael Allendorf und Sebastian Weber etwa gehören bei der HSG Wetzlar zu den Stützen der Mannschaft. Die Hessen ließen deshalb das für 25. August geplante Bundesliga-Auftaktspiel beim HSV in den Dezember verlegen.
Dass das WM-Finalwochenende mit dem Beginn des Spielbetriebs in Deutschland zusammenfällt - in jeder anderen Sportart wohl undenkbar. "Wir sehen das Problem", bekennt Frank Birkefeld, Geschäftsführer des Weltverbands IHF. Im Hinblick auf Olympia 2008 hätten die nationalen Ligen ihre Serien vorgezogen. Eine Verlegung der Junioren-WM in den Winter, wie von deutscher Seite vorgeschlagen, sei wiederum kleineren Handballnationen nicht zuzumuten. Denn die würden ihre Nachwuchsleute nicht selten auch im A-Nationalteam brauchen, das üblicherweise im Januar und Februar um Medaillen kämpft. Birkefelds Empfehlung: "Die Vereine sollten darüber nachdenken, ob ihre Termine nicht überhandnehmen.
"Auf die Liga ist auch Heuberger nicht gut zu sprechen. "Es wäre wünschenswert gewesen, hätte sie auf den Rahmenterminplan der IHF mehr Rücksicht genommen", sagt der Auswahlcoach, der um die Sorgen seiner Amtskollegen aus der Bundesliga weiß. Juri Schewzow, Trainer der Rhein-Neckar Löwen, und Balingens Rolf Brack hätten ihm bereits ihr Leid geklagt, weil ihnen nun wichtige Spieler fehlten.
"Für die Entwicklung dieser Talente ist das alles sicher nicht optimal", räumt Heuberger ein. Andererseits sei so eine Junioren-WM mit neun Partien auch eine Chance: "Die Spieler sammeln dort wertvolle Erfahrung.
"Auch Jürgen Müller hofft, "den Schwung aus Mazedonien mitzunehmen". Die Turnierteilnahme dem Verein zuliebe abzusagen, daran hat er keinen Gedanken verschwendet: "So eine Junioren-WM kommt nur einmal im Leben."

Aus den Augen, aus dem System

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