Montag, 1. Oktober 2007

Der falsche Held

Handball 32:33 gegen Flensburg - der HSV verliert erstmals in dieser Saison
Kein Tag für Weltmeister
Torwart Dan Beutler sorgt dafür, dass die Nordlichter nun ganz oben stehen.


Von Achim Leoni, Britta Watterodt

Hamburg -

Als die Schlusssirene ertönte in der Color-Line-Arena, musste man für einen Moment Angst haben um Dan Beutler. Wie eine Horde wilder Stiere stürzten seine Mannschaftskollegen von der SG Flensburg-Handewitt auf ihren Keeper zu, und wäre die Jubeltraube nicht bald vom Tornetz aufgehalten worden, dann hätte es mit Beutler ein böses Ende nehmen können.

Die HSV-Handballer waren nur stumme Zeugen dieses Schauspiels, doch aus ihren Gesichtern sprach das Entsetzen über das 32:33 (13:15), die erste Niederlage der Saison, die früh besiegelt schien und am Ende doch noch hätte abgewendet werden können. Am größten war das Entsetzen wohl bei den Gilles. Zehn Sekunden vor Schluss war Bertrand mit einem Siebenmeter gescheitert, der den Ausgleich hätte bedeuten können. Wenig später hatte Beutler auch den Nachwurf seines Bruders Guillaume abgewehrt. Der Rest ist bekannt.

"Der HSV hätte einen Punkt verdient gehabt", meinte Beutler später generös. Dabei war er es doch mit seinen 19 Paraden - darunter vier Siebenmeter -, der es zu verhindern wusste und seine Mannschaft früh an den ersten Bundesligasieg in Hamburg glauben ließ. "Dass man sich derart von einem Torhüter beeindrucken lässt, darf einfach nicht passieren", haderte HSV-Trainer Martin Schwalb. Und Kapitän Pascal Hens gab zu: "Wir haben Beutler zum Helden geschossen."

Überhaupt war der gestrige kein Tag für Weltmeister. Hens (6 von 14 Würfen erfolgreich), Torsten Jansen (4 von 8) und Stefan Schröder (0 von 3) versuchten sich allzu oft vergeblich, und auch Beutlers Hamburger Gegenüber Johannes Bitter (7 von 26 Würfen pariert) hat schon bessere Arbeitstage im Tor erlebt. Für den Nationalkeeper erschwerend hinzu kam, dass sich seine Abwehr nicht gewohnt zupackend präsentierte. "Uns fehlten überall 20 Prozent", gab Bitter zu. Und auch Hens vermisste "den HSV, den wir uns alle vorstellen".

57 Minuten lang bestimmten die Gäste Tempo und Spiel im Duell der zuvor Unbesiegten. Es war genau die Reaktion auf die deprimierende Champions-League-Niederlage drei Tage zuvor gegen Ciudad Real, die man in Flensburg erhofft und in Hamburg befürchtet hatte. Dank Beutler und eines cleveren Angriffsspiels setzte sich die SG bis zehn Minuten vor dem Ende auf 27:21 ab.

Am Ende wurde es noch jener "Krimi", den der HSV sich und den 11 098 Zuschauern im Hallenheft versprochen hatte. Doch anders als noch beim 28:28 gegen die Rhein-Neckar Löwen zwei Wochen zuvor wurde der Kampfgeist des Europapokalsiegers diesmal nicht mit einem Punkt belohnt.

Und so musste Flensburgs Trainer Kent-Harry Andersson am Ende nur bemängeln, "dass wir uns noch so großem Stress ausgesetzt haben". Eine Woche nach dem Erfolg gegen Kiel hat man den zweiten großen Titelanwärter niedergerungen. Als einziges unbesiegtes Team befinden sich die Nordlichter plötzlich auch in der Tabelle ganz oben.

Das offizielle Saisonziel, ein Platz unter den ersten drei, muss man nach der gestrigen Vorstellung jedenfalls als nordisches Understatement bewerten. Schwalb erklärte den Champions-League-Finalisten sogar zum Topfavoriten - schon zur eigenen Entlastung: "Wer uns nach mehr als einem Jahr die erste Heimniederlage zufügt, hat das Recht, Meister zu werden."

Seine eigene Mannschaft, da gibt sich der Coach überzeugt, werde der Rückschlag "nicht umwerfen: Sie macht uns nur stärker." Den Nachweis kann man morgen im Auswärtsspiel beim Wilhelmshavener HV (20.15 Uhr/DSF) erbringen.
Kein Tag für Weltmeister

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