Montag, 5. November 2007

Stabilität

Handball Interview mit Martin Schwalb vor dem Spitzenspiel morgen in Kiel
"Ich wünsche mir mehr Demut"
Der HSV-Trainer über gestiegene Erwartungen und die Chancen beim THW.


Hamburg -

Christian Fitzek konnte sich nach dem 31:15-(15:5)-Erfolg der Hamburger Handballer über TuSEM Essen, den Tabellenletzten der Bundesliga, ein breites Grinsen nicht verkneifen, als er auf das Gipfeltreffen morgen beim Tabellenführer, Deutschen Meister, Europameister, DHB-Pokal- und Champions-League-Sieger THW Kiel (20.15 Uhr, DSF live) angesprochen wurde. "Das nächste Spiel ist das schwerste", meinte der HSV-Sportchef. Präsident Andreas Rudolph widersprach: "Es ist das leichteste, weil es das einzige im Jahr bleibt, das wir nicht gewinnen müssen."

Schließlich klärte Trainer Martin Schwalb im Gespräch mit dem Abendblatt über die Bedeutung der Begegnung auf.

ABENDBLATT: Herr Schwalb, wird morgen in Kiel die deutsche Meisterschaft 2008 entschieden?

SCHWALB (44): Es ist ein sehr wichtiges, aber kein entscheidendes Spiel. Die gibt es gewöhnlich erst am Ende einer Saison.

ABENDBLATT: Der HSV hat in der laufenden Serie nie länger als 30 Minuten am Stück herausragenden Handball gezeigt. Das wird bei der besten Mannschaft der Welt zu wenig sein.

SCHWALB: Das würde in der Tat nicht reichen. Aber wir sind längst in der Lage, auch 50 oder 55 Minuten auf höchstem Niveau zu spielen. Das haben wir, da muss ich Ihnen widersprechen, zuletzt wiederholt beweisen.

ABENDBLATT: Vergebene Chancen frei vor dem gegnerischen Torwart, Abspiel- und technische Fehler waren selbst gegen Essen an der Tagesordnung.

SCHWALB: Keine Mannschaft der Welt, nicht einmal der THW, ist fähig, 60 Minuten fehlerfrei zu spielen. Dafür ist Handball zu schnell, zu dynamisch geworden. In fünf Minuten können fünf Tore Vorsprung herausgeworfen oder egalisiert werden. Ein Spitzenspiel gewinnt, wer seine Täler, und die hat jedes Team, flach halten kann, und wer es trotz möglicher Rückschläge schafft, sein Selbstvertrauen und sein Engagement zu bewahren. Das ist ein Zeichen von Stabilität, und die haben wir uns erarbeitet.

ABENDBLATT: Reicht sie in dieser Saison bereits zur Meisterschaft?

SCHWALB: Ich wehre mich gegen Schwarz-Weiß-Malereien. Werden wir Meister, haben wir alles richtig gemacht, werden wir Zweiter, alles falsch. Ich erwartete mehr Demut gegenüber dem Erreichten. Wir sind deutscher Vizemeister und Europapokalsieger. Und wenn wir in dieser Saison wieder unter die ersten drei in der Bundesliga kommen und in der Champions League eine Rolle in der zweiten Turnierrunde spielen, haben wir unser nächstes Etappenziel erreicht - dann haben wir uns auf einem sehr hohen Level stabilisiert.

ABENDBLATT: Die Erwartungen im Umfeld des Vereins klingen weniger bescheiden. Ein dritter Platz 2008 wäre für viele nach einem zweiten 2007 kein Fortschritt.

SCHWALB: Da kann ich nur jedem empfehlen, seine Erwartungen zu überprüfen. Sie dürfen nicht ins Kraut schießen. Alles, was gut läuft, als gegeben hinzunehmen, wird der Mannschaft nicht gerecht. Wir haben in Magdeburg zur Halbzeit mit 19:9 geführt, gegen Essen jetzt 15:5. Solche Ergebnisse schüttelt niemand einfach aus dem Arm. Das sind historische Leistungen.

ABENDBLATT: Ist der HSV bereit zur nächsten?

SCHWALB: Wir wollen in Kiel gewinnen. Die Tagesform entscheidet. Oder die herausragende Leistung eines einzelnen Spielers.
"Ich wünsche mir mehr Demut"

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